Erntedank 2021

Erntedank 2021
Bildrechte W. Peetz

Wir begrüßen uns mittlerweile ganz corona-konform und gut geübt mit den Ellenbogen-Check oder mit der Ghetto-Faust. Doch Erntedank braucht unsere offenen Hände. Vieles ist durch unsere Hände gegangen in den vergangenen Monaten draußen auf den Feldern und im heimischen Garten. Damit etwas wächst und gedeiht, braucht es viel Handarbeit.

Natürlich bedient sich die moderne Landwirtschaft vieler Maschinen und auch im Garten gibt es eine enorme Vielfalt von Hilfsmitteln. Ein Gang durch einen Baumarkt zeigt einem, wie vielseitig mittlerweile die technische Hilfe bei der Gartenarbeit geworden ist.

Dennoch: Ohne Hand anzulegen entsteht nichts. Von der Aussaat bis zur Ernte, vom Beet anlegen bis zum Früchtegraben, vom Baumbeschnitt bis zum Obstpflücken müssen viele Handgriffe erledigt werden. Da heißt es fest zupacken und tatkräftig hinlangen.

Wenn dann aber die Früchte sichtbar werden und die Ernte eingebracht wird, dann öffnen wir die Hände weit und füllen sie mit den Gütern dieser Erde. Nur wer dann offene Hände hat, der kann viel nach Hause tragen, kann den Erntesegen in Empfang nehmen.

Die Haltung unserer Hände hat also viel mit dem zu tun, wie wir mit den Gütern und Gaben Gottes umgehen. Freilich, unsere Arbeit war notwendig. Aber Gott hat seine Güte gezeigt, hat Wachsen und Gedeihen geschenkt. Nun will er uns die Hände füllen.

Dabei geht Erntedank weit über das hinaus, was auf den Feldern und im Garten gewachsen ist. Auch viele andere Dinge sind im letzten Jahr gelungen, wozu Gott seinen Segen geschenkt hat.

Da konnte eine Krankheit ertragen, ausgehalten oder vielleicht sogar überwunden und geheilt werden. Da wurde eine Prüfung bestanden oder es konnte ein beruflicher Erfolg verbucht werden. Da waren die vielen freundschaftlichen Verbindungen, die dem Leben Halt und Stärke gegeben haben. Da waren Erholung und Urlaub oder auch die vielen Tage in Gesundheit und bei voller Schaffenskraft.

Wer könnte bei all dem schon sagen: Das habe ich gemacht! Das ist mein Verdienst! – Niemand kann so etwas behaupten. Nicht einmal einen Moment des eigenen Lebens haben wir selbst in der Hand. Dass wir atmen und unser Herz schlägt, hängt nicht an unserem Wollen oder Handeln.

Wir bekommen alle täglich viel mehr geschenkt, als uns oft bewusst ist. Gerade dafür will uns das Erntedankfest die Augen und das Herz öffnen. Denn an Erntedank erkennen wir einmal im Jahreslauf ganz bewusst, wie oft sich doch Gottes Hände öffnen und er uns mit sei­nem Segen beschenkt.

So hat der Spruch zum Erntedankfest auch etwas mit den offenen Händen Gottes zu tun. In Psalm 145, Verse 15 und 16 heißt es:

„Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.
Du tust deine Hand auf und sättigst alles, was lebt, nach deinem Wohlgefallen.“

Nur offene Hände können geben. Nur offene Hände können empfan­gen. Nur offene Hände können weitergeben. Gott macht es vor: Er tut seine Hand auf. Und was aus seiner Hand kommt, macht das Leben satt; zur eigenen Freude, zum eigenen Wohlgefallen.

Die geschlossene Hand hingegen hält krampfhaft fest; und sie merkt oft gar nicht, wie viel ihr dabei durch die Finger rinnt. Im schlimmsten Fall ist eine geschlossene Hand zur Faust geballt. Und das verheißt niemals etwas Gutes. Geschlossene Hände, geballte Fäuste können nichts geben, können nichts empfangen und auch nichts wei­tergeben.

Gott zeigt uns an Erntedank seine offenen Hände. Er will geben, er will schenken, er will unsere Hände, unser Leben füllen.

Am Ende eines jeden Gottesdienstes soll das sichtbar werden im Segen. Denn da werden uns die offenen Hände Gottes gezeigt. Frieden und Versöhnung leuchten uns da entgegen und die Zusage, dass Gott viel Gutes für unser Leben bereit hält.

Wenn der Pfarrer mit der offenen Hand das Zeichen des Kreuzes beschreibt, dann wird klar, dass durch Jesus Christus diese Güte und Gnade Gottes ihr Gesicht bekommen hat. Er, Jesus, gibt. Er schenkt. Er gibt Gottes Liebe weiter. Er vergibt und öffnet selbst geballte Fäuste wieder. So versöhnt er uns mit Gott.

Das alles ist Erntedank. Gott hält uns seine offene Hand entgegen und er wartet, dass wir in sie einschlagen. Das ist dann Glaube: Einschlagen in Gottes offene Hand; und darauf vertrauen, dass er uns bestens versorgt, zur rechten Zeit das gibt, was wir brauchen.

03.10.2021
Text:     Pfr. Dr. T. Hohenberger
Bilder:  W. Peetz

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